Tagung vom 24.11.2021
Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Drittem Sektor„Co-programmazione, Co-progettazione, Akkreditierung. Die neue Basis für das Zusammenwirken von öffentlicher Hand und Drittem Sektor.“
Unter diesem Motto stand am 24. November eine - von Coopbund Alto Adige Südtirol, dem Dachverband für Soziales und Gesundheit EO, dem Raiffeisenverband Südtirol und der Provinz Bozen organisierte - Tagung in Bozen mit den wichtigsten Entscheidungsträgern aus Politik, öffentlicher Verwaltung und Drittem Sektor.Ein Videomitschnitt der Tagung kann unter dem folgenden Link angesehen werden: https://youtu.be/vGivP0Gzw_o
Es war das erste gemeinsame Treffen zwischen allen Entscheidungsträgern aus Politik, öffentlichen Körperschaften und Vertretern aus dem Dritten Sektor in Südtirol, bei dem über die neuen Formen der Zusammenarbeit "Co-programmazione - Co-progettazione – Accreditamento“ diskutiert wurde. Was in anderen Regionen Italiens bereits erfasst wurde, soll künftig auch in Südtirol umgesetzt werden.Herbert Von Leon, Obmann des Raiffeisenverbandes Südtirol, verwies bei der Begrüßung auf die Aktualität des Themas und betonte: „Die neuen Formen der Zusammenarbeit bieten große Vorteile gegenüber der klassischen Ausschreibung, vor allem wenn es um die Organisation von komplexen Diensten im sozialen Bereich geht.“ Monica Devilli, die neue Vorsitzende von Coopbund begrüßte die Anwesenden. Sie hoffe, dass mit dieser gemeinschaftlichen Initiative ein guter Anfang für eine neue Form der Zusammenarbeit gesetzt sei. Heini Grandi, Vorstandsmitglied von Coopbund stellte Organisationen aus dem Dritten Sektor vor. Auch er sieht große Chancen durch die Reform des Dritten Sektors, denn nur durch eine gemeinsame Planung zwischen Institutionen und Dritten Sektor ist es möglich, die Logik der Ausschreibungen als einziges Verfahren zu überwinden. Wolfgang Obwexer, Präsident des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit EO betonte: „Durch Co-programmazione und Co-progettazione erfahren die Organisationen der Zivilgesellschaft eine notwendige Aufwertung. Ihre Flexibilität und Empathiefähigkeit im Sozialen können somit für die Gesellschaft noch besser genutzt werden.“
Partizipative Modelle wie Co-progettazione, Co-programmazione und Accreditamento sind mittlerweile auch rechtlich verankert. Alceste Santuari, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität von Bologna und ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, erläuterte das neue Rechtsverständnis zum Dritten Sektor und zu seinem Verhältnis mit der öffentlichen Hand und betonte: „Die eingeführte Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen den Organisationen des Dritten Sektors und der öffentlichen Hand ist ein Novum.“
Luciano Gallo, Referent für Innovation in der Verwaltung, öffentliche Verträge, Recht des Dritten Sektors - ANCI Emilia-Romagna skizzierte die neuen Rahmenbedingungen und Leitlinien. Er erklärte anschaulich, wie die Regelungen für ein neues Miteinander aussehen können.
Felice Scalvini, Präsident der Stiftung ASM Brescia, Chefredakteur der Zeitschrift Impresa Sociale, sprach von seiner Erfahrung als Stadtrat für Soziales in Brescia. Scalvini gilt als Vorreiter von partizipativer Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Organisationen des Dritten Sektors. Bereits 2013 hat er Brescia zur "Null-Wettbewerb-Stadt" erklärt und partizipative Gremien und Arbeitsmodelle eingeführt: „Das Ergebnis war ein deutliches Wachstum des Wohlfahrtssystems der Stadt und ein neues Klima der Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren des öffentlichen und dritten Sektors.“ Als Beweis führte er an, dass es während seiner Amtszeit in seinem Bereich keinerlei Rechtsstreitigkeiten gab.
Arno Kompatscher, Landeshauptmann, richtete seine Grußworte an das Publikum der Tagung und lobte die Organisatoren der Veranstaltung. In einer Videobotschaft hob er die Chancen einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit hervor ganz im Sinne der Subsidiarität. Von einem starken Signal in die richtige Richtung sprach Landesrätin Waltraud Deeg: „Die neuen Formen der Zusammenarbeit sind eine große Chance für die öffentliche Verwaltung“, so Deeg. Sie verwies auf die bereits bestehende gute Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Verwaltung und den Körperschaften des Dritten Sektors. Als Beispiel nannte sie die Kleinkindbetreuung: „Heute gibt es 100 Einrichtungen, welche die Betreuung von Kleinkindern garantieren, selbst in Krisenzeiten. Hier stützen wir uns auf die Organisationen des Dritten Sektors.“ Einen Appell richtete sie an alle Organisationen des Dritten Sektors sich in Hinblick auf die neuen Formen der Zusammenarbeit gut und professionell aufzustellen.
Manuela Paulmichl, Direktorin des Amtes für die Entwicklung des Genossenschaftswesens sprach über Bürgergenossenschaften und veranschaulichte anhand eines Beispiels in Moos in Passeier, dass die partizipativen Formen der Zusammenarbeit in Südtirol funktionieren.
Federica Sartori, Leiterin des Dienstes für Sozialpolitik – Provinz Trient zeigte, wie es einer öffentlichen Verwaltung gelingen kann, die neuen Instrumente der Partizipation einzusetzen. Dabei empfahl sie zunächst eine Reihe von Fragen zu klären, wie man die Dienste in Bezug auf z.B. die vorliegenden Bedürfnisse, die Zielgruppe, die zeitliche Perspektive und die zur Verfügung stehenden Mittel, organisieren kann. Die Provinz Trient arbeitet bereits seit drei Jahren mit den neuen Verfahren „Co-progettazione, Co-programmazione und Accreditamento“.
Im Rahmen einer von Georg Senoner moderierten Podiumsdiskussion kamen im zweiten Teil der Veranstaltung die Vertreter von Land und Organisationen des Dritten Sektors zu Wort. Es diskutierten Günther Burger, Direktor des Ressorts für Gesundheit, Breitband und Genossenschaften, Luca Critelli, Direktor des Ressorts für Familie, Senioren, Soziales und Wohnbau, Antonio Lampis, Direktor der Abteilung italienische Kultur, Umwelt, Energie, Wolfgang Obwexer, Präsident des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit EO, Dieter Pinggera, Präsident der Bezirksgemeinschaft Vinschgau, Vincenzo De Bernardo, Direktor Confcooperative Federsolidarietá. Die zentralen Fragen „Welche Bedeutung schreiben wir der „Co-Progettazione“ für Südtirol zu, wie kommt eine Anwendung zustande und welche Schritte sind zu setzen?“ konnten ausreichend beantwortet werden. Die Vertreter von Land und Organisationen waren sich darin einig, dass das Land gute Voraussetzungen hat, die neuen Modelle der Zusammenarbeit umzusetzen. Als nächster Schritt für die Praxis solle ein Leitfaden des Verwaltungsablaufes ausgearbeitet und ausreichend gemeinsame Schulungsmöglichkeiten für alle Beteiligten geboten werden. Die Organisatoren der Veranstaltung haben vereinbart in den kommenden Monaten konkrete Schritte einzuleiten. Die beiden Moderatoren, Barbara Passarella, Raiffeisenverband Südtirol und Alex Baldo, Coopbund Alto Adige Südtirol, führten durch die Veranstaltung und meinten abschließend: „Heute haben wir den ersten Meilenstein auf dem Weg zu „Co-progettazione, Co-programmazione und Accreditamento“ in Südtirol erreicht.“