14.03.2014
Fehlalarm: Wenn Angst zur Krankheit wird
Dachverband für Soziales und GesundheitSelbsthilfe
Angst ist zwar grundsätzlich etwas Gutes, denn sie warnt uns vor Gefahren. Wenn Angst aber anfängt das Leben zu beherrschen, dann liegt eine Angststörung vor, die häufigste psychische Erkrankung unserer Zeit. Nun wird südtirolweit die erste Selbsthilfegruppe für „Angsthasen“ gegründet.
Wir alle kennen Ängste von frühester Kindheit an: Angst vor der Dunkelheit. Angst, alleine zu sein, Prüfungsangst, Angst vor Gewittern, in späteren Lebensphasen Angst vor Krankheiten, Einsamkeit oder dem Tod. Das gehört zu unserer normalen Entwicklung. Ängste kommen und gehen. Im Normalfall lernen wir, damit zu leben. Dies ist aber nicht immer der Fall. Immer mehr Menschen werden von Angststörungen heimgesucht. Fachleute sprechen von 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung, Frauen sind etwa dreimal häufiger betroffen als Männer.
Zur Störung wird Angst immer dann, wenn sie wiederholt in Situationen auftritt, in denen real und nach menschlichem Ermessen gar keine Gefahr oder Bedrohung vorliegt. Der Körper verhält sich, als würde er einem Löwen gegenüberstehen. Es kommt zu Symptomen wie Herzrasen, Schwindel, Zittern, Schweißausbrüchen, verminderter Belastbarkeit oder Be-schwerden im Magen-Darm-Trakt.
„Das kann dann aus heiterem Himmel kommen“, erzählt Kuni. Die Burggräflerin kennt solche Attacken nur zu gut aus eigener Erfahrung. Bis zu einer Herzoperation vor rund 3 Jahren lebte die 50jährige ein normales Leben. Die OP verlief ohne Probleme. Aber einige Zeit später bekam Kuni Angstattacken. Plötzlich kam sie mit ihrem Leben nicht mehr zurecht, hatte ständig Angst alleine zu sein. Sie konnte nicht mehr alleine in ihrer Wohnung sein, konnte nicht mehr autofahren, bekam massive Schlafstörungen. Irgendwann war sie körperlich am Boden, abgemagert, hatte keine Reserven mehr. Es folgte eine lange Suche nach den Ursa-chen. Sie probierte vieles, Homöopathie, Prana und anderes mehr, aber nichts half. Erst eine Psychiaterin erkannte, dass Kuni an einer akuten Angststörung erkrankt war. Sie begann eine Therapie und innerhalb eines Jahres ging es ihr wieder besser. Heute hat sie ihr Leben wieder im Griff. Sie hat die Krankheit überwunden, lebt wieder wie früher, ist frei von Attacken.
„Ich wollte aber wissen, was da passiert ist. Warum ich plötzlich so ein ‚Angsthase‘ war“, erzählt sie, „deshalb habe ich angefangen, mich für das Thema zu interessieren, bin auch zu Selbsthilfegruppentreffen gegangen und habe gemerkt, was da für eine Kraft dahinter ist. Dort habe ich gelernt mich aufzurappeln.“
Nun will sie weitergeben, was ihr geholfen hat. Sie will mit anderen Betroffenen zusammen Wege aus diesem Teufelskreis suchen und im Raum Burggrafenamt eine Gesprächsgruppe gründen. Die Treffen werden in Lana stattfinden. Es wird südtirolweit die erste Gruppe sein für Betroffene von Angst- und Panikstörungen.
Dass die Nachfrage nach einer solchen Gruppe da ist, bestätigt Irene Gibitz von der Dienststelle für Selbsthilfegruppen in Bozen: „Immer wieder bekommen wir Anfragen zu dieser Thematik. Bislang gibt es aber nur Gruppen, die sich erweitert auch um Depressionen kümmern. In dieser neuen Gruppe soll es aber spezifisch nur um Angst- und Panik gehen“, unterstreicht sie.
Künftig gibt es also die erste Selbsthilfegruppe für Angsthasen. Das Gründungstreffen wird am 19. März um 19 Uhr im Elki Lana stattfinden.
„Wir wollen zusammen sitzen und quatschen, lachen, diskutieren, Probleme besprechen. Aber wir wollen auch raus gehen und der Angst ins Gesicht sehen. Auto fahren, Schwimmen, Einkaufen, enge Räume oder was immer euch Angst macht und in dieser Gruppe umsetzbar ist, wollen wir gemeinsam in Angriff nehmen“, sagt Kuni.
Natürlich besteht keine Anwesenheitsplicht, aber das regelmäßige Treffen (Dabeisein) ist sehr wichtig, denn dadurch bekommt die Gruppe eine andere Stärke, Vertrauensbasis und Dynamik. Wenn jemand einmal nicht dabei sein kann/will, wird dies akzeptiert und respektiert.
Interessierte können sich bei der Dienststelle für Selbsthilfegruppen über Ort und Zeit der Treffen informieren: Tel. 0471 312424, info@selbsthilfe.bz.it
...traut euch ruhig!!
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